Samstag, 12. November 2016

56 Tage Ghana

Meine lieben Leser,

Bevor ich von meiner 8. Woche hier in Ghana berichte, erst einmal ein paar Worte zum Wochenende. Samstag ging es wie geplant nach Aburi. Wir trafen uns um 10 Uhr, liefen in die Stadt und nach ein paar freundlichen Hilfen, saßen wir im Trotro nach Aburi. Den (ganz lieben) Fahrer baten wir, uns beim botanischen Garten abzusetzen. Laut unserer Gastmütter sollte die Fahrt 30 Minuten dauern, aber das war dann wohl eine ghanaische Zeitangabe, es dauerte nämlich eine gute Stunde. Am botanischen Garten angekommen, zahlten wir jeweils 5 Cedi Eintritt. Nachdem wir, ungelogen, 5 Schritte gegangen waren, fing es doch tatsächlich an zu regnen. Erst nieselte es nur, sodass wir uns davon nicht beirren ließen. Nach ein paar Minuten goss es aber wie aus Eimern und wir mussten uns unterstellen. Unser Stellplatz war aber nicht besonders schützend und bald darauf wurden wir von einem Ghanaer in einen Anhänger “eingeladen”. Zusammen mit ein paar Männern standen wir dort nun im Anhänger und warteten auf das Ende des Regens. Es stellte sich heraus, dass einer von ihnen seeeeehr gesprächig war. Es war nett, aber irgendwann auch sehr anstrengend. Auf einmal kam sogar jemand mit Mittagessen vorbei und so gab es Reis mit Fisch. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ der Regen allmählich nach und wir wagten uns hinaus. Wir verabschiedeten und bedankten uns. Wir beschlossen an einem anderen Tag wiederzukommen und machten uns auf den Weg zum Holzmarkt. Und der ließ mein Herz höher schlagen. Noch nie habe ich so viele schöne Gegenstände auf einmal gesehen! Wirklich unglaublich schöne Holzarbeiten, von Kleinkram über beeindruckende Masken bis hin zu Möbeln. So schade, dass ich das nicht alles mit nach Deutschland nehmen kann! Der Holzmarkt ist aufgebaut wie ein kleines Dorf und jeder kommt einem entgegen und lädt einen dazu ein dessen Holzarbeiten anzuschauen. Bei unserem zweiten Besuch werden wir auf jeden Fall so einiges kaufen!! Auch der Ort ‘Aburi' gefiel uns sehr, wir werden also sicherlich noch mehrmals hierher kommen. Als wir nach einem Trotro zurück nach Koforidua suchten, trafen wir auf unseren freundlichen Fahrer von der Hinfahrt – und das war ein Glück, denn es war sonst weit und breit kein anderes Trotro zu finden. Als einzige Passagiere vorne neben dem Fahrer (sehr aufregend, wir hatten noch nie ganz vorn im Trotro gesessen), brachte er uns ein ganzes Stück weiter zum nächsten Trotro und wollte für diese luxuriöse Fahrt nicht einmal Geld haben. Wirklich sehr nett. Gegen 18 Uhr kamen wir dann daheim an.
Lea und ich haben jetzt übrigens auch eines dieser dünnen Tücher, mit dem sich die Ghanaer hier immer den Schweiß vom Gesicht wischen – und es ist sehr praktisch!

Sonntag war ich das erste Mal in der Kirche hier. Zusammen mit meiner Gastschwester Stefanie und Lea ging es in die ‘International central gospel church – jesus temple’. Die Kirche ist riesig und es wurde ein ziemlicher Wirbel gemacht. Platzzuweiser in schicken Anzügen und es gab sogar Beamer, sodass die Texte der Lieder an die Wand projiziert werden konnten. Zuerst wurde in kleinen Gruppen ca. 30 Minuten aus der Bibel vorgelesen. Dann wurde gesungen und getanzt, wie man es aus Filmen kennt und das hat mir total gefallen. Anschließend wurde es aber sehr anstrengend. Es wurde alles sehr langwierig, sehr laut und einige Gebete sehr seltsam. Der Glaube hier ist wirklich wahnsinnig stark und die Menschen ziehen ihre Kraft aus ihm, etwas, was an sich ja sehr schön ist. Letztendlich waren wir also von 8 Uhr bis 11:30 Uhr in der Kirche und danach hatte ich ziemliche Kopfschmerzen. Regelmäßig muss ich das nicht haben, interessant fand ich es aber trotzdem. Ungefähr 10 Minuten läuft man bis man dann zum Anfang meines Berges kommt. Stefanie hatte noch etwas zu tun, Lea fuhr mit einem Taxi heim und ich machte mich auch auf den Weg nachhause. Ein Typ aus einem Auto hatte mich gegrüßt, was erstmal das normalste überhaupt hier ist, sodass ich es schon lange nicht mehr seltsam finde. Plötzlich lief er dann neben mir her und wollte meine Nummer haben. Wie immer erwiderte ich brav, dass ich meine Nummer nicht herausgebe. Er ließ aber einfach nicht locker. Nachdem ich es erst amüsant fand, dann sein Durchhaltevermögen bewunderte, wurde es irgendwann doch sehr anstrengend. Da ich nicht unbedingt wollte, dass er sieht wo ich wohne, bat ich ihn zu gehen. Er war wie eine Klette. Mittlerweile war mein Kopfweh wirklich stark und ich konnte nicht glauben, dass er das tausendste “no” nicht akzeptieren konnte. Ich wurde sogar lauter, doch das störte ihn nicht im geringsten. Also beschleunigte ich und ignorierte seine Rufe. Auf meinem Berg sprach ich kurz mit meiner kleinen Freundin, die sich wieder einmal ganz süß für die Papaya letztens bedankte. Ich dachte den Typen wäre ich los. Als ich dann endlich schnaufend am Haus angekommen war und gerade die Tür aufschloss, sah ich den Kerl doch allen Ernstes unseren sehr privaten Weg hochlaufen. Ich dachte, ich guck nicht richtig! Zum Glück machte er vor dem Tor halt und Damien, unser Hund, ist sehr aufmerksam und bellte ganz vorbildlich. Der Irre rief noch ein paar Mal und verschwand dann irgendwann. Die Männer hier haben es in sich! Der Rest des Sonntags verlief dann mit Wäsche waschen und herumhängen sehr ruhig.

Montag startete der Schultag wieder in aller Ruhe. Die Kinder freuten sich als wir kamen und wir durften während des Unterrichts wieder erstaunlich viel mit den Kleinen draußen spielen. Außerdem wurde das letzte Papier, welches ich aus Deutschland mitgebracht hatte, aufgebraucht. Die Kinder durften also noch einmal eine Menge malen.
Nachmittags gingen wir zum ‘Immigration service’, denn nun musste Lea ihr Visum verlängern. Leider trafen wir nicht auf die lustigen männlichen Beamten vom letzten Mal, aber glücklicherweise auch nicht auf die unfreundlichen Frauen vom allerersten Mal. Die Frau, die Leas Antrag bearbeitete, war wieder einmal nicht besonders freundlich und musste sowieso jeden Schritt bei ihren Kollegen erfragen. Ihr Kollege machte mir klar, dass er mich nicht nach Deutschland zurückgehen lasse und ich ihn heiraten werde. Ah ja, gut zu wissen! Den Reisepass dürften wir am Donnerstag wieder abholen. Außerdem war der Moment nun leider doch schon gekommen und ich musste mir ein neues Handy kaufen. In einem Geschäft besorgte ich mir also das günstigste Smartphone (200 Cedi = ca. 45 €). Bestimmt dreimal fragte ich nach, ob ich das Handy problemlos zurückbringen könnte, sollte es Schwierigkeiten geben. Dazu später mehr..

Dienstag knuddelten wir wieder ganz viel mit den Kindern, schließlich hatten wir nun nur noch wenige Tage mit ihnen.. Rosemary war wieder außer Rand und Band als sie uns sah und es wurde eine Menge Quatsch gemacht und gespielt. Mir wurde schon ganz anders, wenn ich daran dachte, dass wir nun sehr bald gehen würden und wir all unsere Kinder hier zurücklassen müssen und dass es dann niemanden mehr gibt, der ihnen ein bisschen Liebe schenkt..
Nach Feierabend ging es ins ‘Total 2’, einem Spot in der Stadt. Dort trafen wir uns mit vier anderen Freiwilligen. Es war toll sich wieder einmal mit anderen Gleichgesinnten auszutauschen. Allerdings haben Lea und ich das Gefühl, dass sich unsere Leben hier schon ziemlich voneinander unterscheiden. Gründe dafür sind unter anderem die verschiedenen Organisationen, aber auch unterschiedliche Intentionen, denke ich. Und auch wenn Lea und ich uns oft durchkämpfen müssen, während die anderen einen gewissen Luxus genießen, bin ich heilfroh mich für eine kleine Organisation entschieden zu haben. Kurz gesagt, ich denke, ich erlebe hier in vielerlei Hinsicht das “echte” ghanaische Leben, während manch andere nun mal in ihrem schützenden Kokon bleiben.. Nichtsdestotrotz macht es Spaß auch mal mit mehreren Personen quatschen zu können und wir werden uns auf jeden Fall wieder treffen.
Für die Kinder wurden noch Trinkpäckchen und Kekse gekauft.

Mittwoch früh gab dann mein neues Handy direkt wieder den Geist auf.. sehr enttäuschend. Grund: so wenig Speicherplatz, dass es funktionsunfähig wurde. Ich war natürlich leicht bedient. Lea und ich beschlossen das doofe Ding direkt wieder zurückbringen. Schließlich wollte ich unsere Reise nicht ohne Kontakt zur Außenwelt antreten. Wir fragten die Lehrerinnen, ob wir etwas erledigen könnten und versicherten später wiederzukommen um unsere Zeit mit den Kindern wahrzunehmen. Die Rückgabe des Handys war natürlich ein riesiges Drama. Der Manager wollte mir mein Geld nicht wiedergeben und behauptete, dass ich es nur gegen ein anderes tauschen könnte, denn “das macht man hier so”. Es wurde ewig diskutiert, ich erklärte ihm lang und breit, dass das Handy ja nicht kaputt sei, aber ich nun mal ein Handy bräuchte, dass einen normalen Speicher hat. Und vor allem, dass nie die Rede davon war, dass ich es nur gegen andere Ware tauschen könnte. Letztendlich ging es einfach nur darum, dass er mir mein Geld nicht zurückgeben wollte und schon gar nicht, dass ich woanders einkaufe. Ich habe aber so lange diskutiert, bis er nachgab. Danach waren alle Mitarbeiter beleidigt.. aber naja. Anschließend ging es in ein anderes Geschäft und ich kaufte ein Handy der gleichen Marke wie mein ghanaisches Tablet. So viel Stress am frühen Morgen. Es ging wieder in die Schule, Rosemary kam uns schon von weitem entgegengerannt und wir erfuhren, dass sie die ganze Zeit im Türrahmen stand und auf unsere Rückkehr gewartet hatte, so herzzerreißend! Allerdings ging dann der Unterricht weiter, obwohl wir pünktlich zur letzten Stunde kamen.. mal wieder völlig unverständlich. Allerdings verlief es eher locker, sodass wir auch ein kleines bisschen spielen konnten.
Ansonsten kaufte Lea auf ihrem Heimweg ein fruit bread für die Kinder und der Rest des Tages wurde nur noch für eine Ladung Wäsche gewaschen.

Donnerstag dann wurde ein bisschen Abschied gefeiert. Da freitags immer viele Kinder fehlen, nahmen wir also den vorletzten Tag. Wir waren schon sehr wehmütig den ganzen Tag.. In der letzten Stunde dann, bat ich Madame Loretta den Kindern zu erklären, dass morgen unser letzter Tag ist und wir leider gehen. Aber auch, dass wir sie auf jeden Fall mehrmals noch besuchen werden. Dann packten wir die Trinkpäckchen, das Brot und die Kekse aus. Ihr könnt euch nicht vorstellen was das für eine Stimmung auslöste! Die Kinder fingen an zu tanzen und zu hüpfen und es wurde viel gelacht. Es war eine einzige Party. Unglaublich, wie sie sich über solch Kleinigkeiten freuen. Es war toll, sie alle nochmal so glücklich zu sehen! Auch die Lehrerinnen waren begeistert. Im Anschluss wurde noch einmal viel gekuschelt. In der Pause übrigens habe ich Rosemarys Schweißtuch gewaschen. Das fand sie super und mit ihren 3 Jahren hat sie mir gezeigt wie es geht und ganz professionell geschrubbt. Schon verrückt, in Deutschland wissen viele mit 20 Jahren nicht wie man eine Waschmaschine bedient!
Nachmittags ging es zur Post und Lea nahm ihr Paket aus Deutschland entgegen. Natürlich hat sie sich wahnsinnig gefreut! Ärgerlich war nur, dass es schon seit Ewigkeiten bei der Post lag, die Information aber nicht weitergeleitet wurde.. Nun ja, nun konnte sie es knapp vor der Reise noch in Empfang nehmen. Außerdem holten wir noch Leas Reisepass ab und trafen diesmal auch wieder auf die netten Männer. Es wurden wieder ein paar Späße gemacht, bevor wir unseren Heimweg antraten.

Freitag.. mein zweiter Monat hier in Ghana und damit ein Drittel meiner Zeit ist um. Seit 8 Wochen bin ich nun hier, 56 Tage habe ich schon auf ghanaischem Boden verbracht, 112 Tage bleiben noch.. Rückblickend bin ich erstaunt, dass ich schon so lange hier bin und habe das Gefühl, dass die Zeit doch recht schnell verging. Doch die Zeit ist ein tückisches Ding.. im Nachhinein kommt sie einem immer schnell vor. Als es noch 4 Wochen im Kindergarten waren, kam es mir so unglaublich lang vor. Und nun war heute schon der letzte Tag. Diese Woche verging wirklich wahnsinnig schnell, was auch daran lag, dass Lea und ich gut beschäftigt waren. Und was soll ich sagen.. heute war der schönste Kindergartentag während der gesamten zwei Monate.. Mit gemischten Gefühlen traten wir unseren letzten Tag an. Kurz darauf rief uns der Schulleiter in sein Büro. Zusammen mit den Lehrerinnen des Kindergartens übergab er uns dann 2 Geschenke. Wir waren völlig perplex, aber natürlich positiv überrascht und freuten uns sehr über unsere neuen ghanaischen Hemden. Damit hatten wir definitiv nicht gerechnet! Mit Überraschungen ging es weiter.. Die älteren Schüler hatten heute keinen richtigen Unterricht, sondern kochten alle gemeinsam in ihren Klassen, sehr cool! Madame Loretta nahm uns mit und führte uns herum. Dabei nannte sie uns jedes einzelne Gericht und war begeistert, wenn wir es kannten oder schnalzte mit der Zunge und sagte: “ You have to try, it’s the best!”. Die Schüler waren ganz aufgeregt und einer der älteren Jungen nannte mich schon liebevoll “my wife”. Mit der Lehrerin sprachen wir so viel wie während der ganzen 2 Monaten nicht. Die Atmosphäre heute war völlig anders. Einerseits ist es so, so schade, dass wir dieses Erlebnis nicht schon vorher haben konnten und es so anders hätte laufen können. Andererseits deute ich es als Zeichen, dass haargenau unser letzter Tag so schön war. Vielleicht sollte es nun mal so sein. Daher versuche ich nicht zu bedauern was alles nicht geklappt hat, sondern bin sehr dankbar für diesen Tag und für die Kinder, die ich kennenlernen durfte und bin froh darüber, ihnen ein bisschen Zuneigung gegeben haben zu können. Ich werde jedes Kind mit seinem ganz eigenen Charakter vermissen und mich hoffentlich noch lange an viele Kleinigkeiten erinnern können. Aber noch sind wir nicht aus der Welt und wollen die Kinder schon im Dezember wieder besuchen, bevor die Ferien losgehen.

Sooo, morgen früh geht es auf unsere Reise! Den Start zu planen war schon ein Abenteuer an sich, aber wenn alles gut geht, dann sitzen wir morgen um 12 Uhr in Accra im Bus nach Tamale. Nur ganz kurz, Tamale liegt im Norden, wir wollen uns also ein paar Tage den Norden Ghanas anschauen und werden verschiedene Stationen bereisen. Irgendwann wird es nach Kumasi gehen, der zweitgrößten Stadt hier. Mittendrin gibt es natürlich viele Zwischenstopps. Zum Ende der Reise wollen wir an die Küste und ein bisschen Strandurlaub genießen. Mein Tablet wird hier bleiben und so schätze ich, dass ihr dann im Dezember einen ellenlangen Reisebericht bekommen werdet!

Ganz liebe Grüße und bis spätestens in 2 Wochen!
Ich denke wie immer viel an euch!
Eure Roxy

P.S.: Ja, es gibt viele neue Fotos, aber da ich heute absolut keine Zeit mehr hatte und ich in ein paar Stunden wieder aufstehen muss, hoffe ich, dass ihr Erbarmen habt und euch noch ein wenig gedulden könnt. Im Dezember dann werde ich euch überhäufen!:)

Freitag, 4. November 2016

Über lachende Kinder und nagende Zweifel

Eine weitere Woche ist vergangen..

Am Montag trafen wir in unserem Klassenraum nicht nur auf die üblichen drei Lehrerinnen, sondern auch auf eine vierte junge Frau. Wie sich herausstellte, wurde sie wohl offenbar eingelernt. Ob aus Höflichkeit, weil sie neu ist oder weil sie tatsächlich ein Herz für Kinder hat, sie war zumindest sehr nett zu unseren Kleinen. Leider fürchten wir aber, dass sich dies bald ändern könnte, wenn sie von jenen Lehrerinnen eingearbeitet wird.. hoffen wir uns zu irren. Wie üblich kümmerten wir uns um die Hefte der Kinder. Zwischendurch wurde ein bisschen gesungen, allerdings werden die Lieder von der Lehrerin immer so schnell heruntergerattert, dass die Kinder gar keine Zeit haben sich daran zu erfreuen. In der letzten Stunde gingen wir mit den Kindern auf den Hof, unter anderem wurde Seil gesprungen, was immer wieder ein Highlight ist. Dabei machte mich die Lehrerin, die kaum noch laufen kann, meistens nur in der Ecke sitzt und döst oder den Kindern Anweisungen zuruft, fast wahnsinnig. Ständig brüllte sie irgendetwas in unser Spiel herein, wies die Kinder bei der kleinsten Kleinigkeit zurecht und letztendlich wollte sie sogar anordnen, dass das Springseil weggepackt wird. Da es nicht das erste Mal war, war meine Geduld fast aufgebraucht. Ich erklärte ihr also, dass es nun unsere Zeit ist und die Kinder hier sehr wohl herumrennen und Seilspringen dürfen. Daraufhin zog sie nur die Augenbrauen hoch, schaute missbilligend und nickte dann grimmig. Die Kinder hatten auf jeden Fall ihren Spaß. In der Pause hatten Lea und ich Kochbananen-Chips gekauft und aßen sie zusammen mit den Kindern, sie freuen sich immer sehr, wenn wir etwas mit ihnen teilen. Sie tänzeln dann umher, lachen aus voller Kehle und halten schüchtern ihre Hände hin. Einige bedanken sich sogar ganz vorbildlich. Übrigens haben wir nun jeden Tag eine Flasche für die Kinder mit, sie wird ständig aufgefüllt und geht dann herum. Sie sind immer so durstig. Die kleine Rosemary (wie sich herausstellte nicht “Rosemond”, die Lehrerin hatte wohl nicht richtig zugehört) ist ein richtiger Sonnenschein und jemand, mit der man Pferde stehlen kann. Sie und Ohenewah nehmen Lea oder mich immer mit zur Toilette, damit wir aufpassen und ihnen helfen. Ohenewah sah heute übrigens überhaupt nicht gut aus, sie scheint einen juckenden Ausschlag zu haben. Ich fragte die Lehrerinnen, ob sie wüssten was es sei. Sie waren natürlich ziemlich desinteressiert und meinten, dass es bestimmt nur Hitzepickel seien. Nun ja, wir werden es mal die nächsten Tage beobachten.. Die Momente mit den Kindern geben mir immer wieder Kraft für den nächsten Tag. Sie sind mir so sehr ans Herz gewachsen und ich werde traurig, wenn ich daran denke, dass wir nur noch ein paar Tage da sind und sich danach wieder kein Mensch für sie interessiert. Und apropos.. heute wollten wir dem Schulleiter ja mitteilen, dass wir nur noch 2 Wochen da sind und dann das Projekt wechseln werden. Blöderweise hatte aber unser Koordinator Richard bereits mit ihm telefoniert und es ihm gesagt. Das fanden wir überhaupt nicht gut, da wir selbst das Gespräch suchen wollten um auch über die Gründe zu sprechen. Nun ja, der Schulleiter reagierte zwar ganz lieb, es schien ihn aber auch nicht sonderlich zu kümmern. Er fragte sogar, ob wir heute schon gehen würden und meinte nur “no problem!”. Wir streben aber trotzdem noch ein etwas ausführlicheres Gespräch an..
Nach Schulschluss ging es wieder einmal in die Stadt und wieder einmal zur Schneiderin. Meine Hosen waren leider immer noch um einiges zu groß. Ich erklärte was geändert werden sollte und wir warteten. Nach dem ersten Umnähen hatte sich kaum etwas geändert, außer, dass ein Hosenbein nun enger war als das andere. Also noch ein Versuch. Plötzlich hätte nur noch ein Kinderfuß hindurch gepasst, aber bestimmt nicht meiner. Ich erklärte es also noch einmal, hatte aber auch das Gefühl, dass sie es nicht wirklich verstand oder nicht so richtig zuhörte. Da auch nichts gemessen oder markiert wurde, ist es auch kein Wunder, dass jedes Hosenbein unterschiedlich ist, haha! Lea und ich befanden uns wieder einmal zwischen Lachen und Verzweiflung. Schließlich entstand ein passendes Maß und so trug ich ihr auf, alle Hosenbeine haargenau so zu nähen. Wir hatten aber inzwischen so viel Zeit verplempert, dass wir sagten, wir würden am nächsten Tag wiederkommen. Hoffentlich wird es noch was.. Fairerweise muss man sagen, dass es nicht jene Frau war, die unsere Hosen genäht hatte, sondern ihre Kollegin. Nun ja, dafür hatte ich aber während der Warterei eine junge Frau angesprochen, deren Haar uns total gefallen hat. Kurzerhand lief sie mit uns zum “Salon”, es war mehr ein unscheinbares Eckchen, aber sehr sympathisch und vor allem auch viel günstiger als das was ich bisher gezahlt habe. Irgendwann nach unserer Reise werden wir uns da mal die Haare auffrischen lassen.

Der Dienstag war schrecklich langweilig. Da Allerheiligen war, schloss die Schule nach der ersten Pause, also um kurz nach 10 Uhr. Davor gab es einen Gottesdienst und ein bisschen Üben des Alphabets. Lea und ich liefen also in Richtung Stadt. Auf unserem Weg wurden wir wieder etliche Male angesprochen. Zwei Männer waren völlig begeistert von uns, wollten erst unsere besten Freunde werden und uns dann doch lieber heiraten. Sehr amüsant mal wieder. Bei der Schneiderin holten wir meine Hosen ab. Nun war auch wieder die Chefin da. Nach einer weiteren Änderung (ihre Kollegin hatte ihr nur die Hälfte erzählt) war alles gut. Anschließend sahen wir uns noch ein wenig weiter in der Stadt um. Ich suchte vergebens nach einem neuen Paar Schuhe, dafür fanden wir aber ein paar Schreibwarengeschäfte, den Spot ‘Big T’, in dem ehemalige Freiwillige unserer Organisation wohl immer gesessen hatten und das Restaurant in Koforidua (hatten uns schon ein paar Ghanaer empfohlen), da müssen wir bald mal einen Happen essen gehen. Im ‘Big T' tranken wir eine Cola, dann ging es in den Supermarkt und als uns die Ideen ausgingen, machten wir uns auf den Heimweg. Wir wurden von einem Regenschauer überrascht und mussten uns lange unterstellen. Für die Kinder wollten wir wieder ‘fruit bread' kaufen, also ging es zur ‘bread factory’. Auf dem Weg hielten wir einen Plausch mit einem Mann. Vor ein paar Wochen hatten wir gesehen wie er ziemlich coole Taschen verkaufte. Es wurde abgemacht, dass er uns zu morgen zwei seiner Kokosnuss-Taschen fertigstellt. Das ist schon wieder typisch für hier. Diese Herzlichkeit, dass man sich Zeit nimmt und ganz spontan ist. Man unterhält sich einfach nur mit jemandem und schwups hat man etwas neues im Warenkorb und wieder einmal etwas erlebt!

Mittwoch: der Unterricht war überraschend angenehm. Dies lag wohl daran, dass “nur” die jüngere der Lehrerinnen, sowie die neue Lehrerin da waren. Der Drache, wie wir sie insgeheim nennen, erschien zum Glück nicht. Wir denken, dass die anderen sehr beeinflusst werden von jener Frau, was wirklich schade ist, denn ohne sie könnte es fast nett sein.. In der Pause gab es dann fruit bread und die Kinder haben sich wieder sehr gefreut. Es tat uns nur wahnsinnig Leid, dass so viele ältere Schüler nichts abbekamen, so ein Brot reicht leider nicht für eine ganze Schule. Bewundernswert ist es aber, dass wirklich jedes einzelne Kind brüderlich teilt, möge es nur ein noch so winziges Stück selbst haben. Das finde ich toll. Später gingen wir dann mit den Kindern auf den Hof. Dort spielten wir fangen, alberten herum, kuschelten und kletterten auf Bäumen. Meistens nennen sie uns ja bei unseren Namen, aber gerade, wenn sie ganz aufgeregt sind, rufen Sie nur noch “Obruni, Obruni!” Das ist aber sehr süß. Sobald der Kindergartentag sich dem Ende neigt, müssen die Kinder die Stühle hochstellen und fegen. Die Lehrer gehen dann einfach und lassen die Kleinen tatsächlich unbeaufsichtigt. Wenn Lea und ich gehen, dann wollen sie oft mitkommen (und wir würden sie gerne mitnehmen!). Rosemary lief heute ganz beschwingt neben uns her und erzählte dabei eine Menge – es ist so schade, dass wir sie nicht verstehen! Aber das kümmert sie nicht, sie brabbelt den ganzen Tag vor sich hin und lacht sich scheckig, wenn ich ihr auf Englisch sage, dass ich sie leider nicht verstehe. Sie ist wirklich goldig.
Wir liefen wieder einmal ein ganzes Stück und freuten uns auf unsere Taschen, die wir abholen wollten. Aber wir sind in Ghana. Das hatten wir kurz vergessen. Denn von unserem “rasta man” war weit und breit keine Spur und jemand informierte uns, dass er heute nach Accra an den Strand gefahren sei. Na, warum auch nicht!? Ein bisschen bedient waren wir schon, ich hatte gestern extra mehrmals gefragt, ob er da sei und die Taschen dann fertig wären. Vor allem aber hatten wir uns richtig darauf gefreut, da es unseren Tag noch einmal aufgewertet hätte. Tja, – “kommste heute nicht, kommste morgen!”, so läuft das hier in Ghana. Aber wir haben ja unendlich viel Zeit, also versuchen wir einfach morgen nochmal unser Glück. Nachdem mein Matschauge uns letzte Woche einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, geht es morgen auch wieder auf den Perlenmarkt.

Der Donnerstag startete überraschend gut im Kindergarten. Wie immer meldeten wir uns in unserem Buch an, mit Arbeitsbeginn und Arbeitsende (als würde dies irgendjemand kontrollieren, haha). Da der Schulleiter da war und noch einmal fragte, wann genau unser letzter Tag ist und wissen wollte, wie es so im Waisenhaus ablaufen wird, nutzten wir gleich mal die Gelegenheit und redeten uns einiges von der Seele. Wir hatten das Bedürfnis uns zu erklären und wollten außerdem ein paar Denkanstöße geben. Er hörte uns zu, berichtete davon, dass ehemalige Freiwillige genauso abgeneigt waren vom Rohrstock und interessierte sich dafür, dass es in Deutschland auch ohne körperliche Bestrafung geht. Er sagte auch, dass das ghanaische System nun mal vorsieht, dass Kleinkinder schon unterrichtet werden. Und es klang so, als fände er es auch nicht allzu schlecht, wenn es ein paar mehr Spieleinheiten geben würde. Ich denke, dass er sich Gedanken um seine Schule macht und der Fehler liegt nicht bei ihm, sondern im System.. Als wir auf unseren Klassenraum zu liefen, kam Rosemary auch sogleich in unsere Arme gerannt, das war sehr süß. Verrückterweise konnten wir dann eine ganze Weile mit ihr draußen spielen, ohne dass ein “get inside!” kam. Ich habe sogar ein Video gemacht, weil es einfach zu niedlich war. Irgendwann wurden wir dann doch gerufen, da wir die Aufgaben für die Kinder schreiben sollten. Doch danach durften ein paar jüngere Kinder sogar mit uns vorn sitzen und leise spielen. Sehr überraschend und entweder waren die Lehrer gut drauf oder hatten keine Lust sich um Disziplin und Ordnung zu kümmern. Wir und die Kinder waren auf jeden Fall glücklich darüber. Mit dem Springseil ging es später auf den Hof und die Kinder liefen aneinander “gekettet” durch die Gegend und hatten volle Kanne Spaß dabei.
Nachmittags ging es auf den Perlenmarkt und wir sind beide um ein Fußband reicher. Wenn ich zurück nach Berlin komme, ist womöglich bis zum Knie alles voller schöner Bänder! Ich hab wieder viele, viele tolle Dinge gesehen, aber so kurz vor unserer Reise möcht ich mich erstmal zurückhalten. Wir sind schon relativ bekannt hier und überall her werden wir gerufen und sind entweder “friends” oder “sisters”! Nach unserem Rundgang, fing es fürchterlich an zu regnen und alle packten hektisch zusammen und stellten sich in die Hütten. Unser Freund Ayo, den wir hier auf dem Perlenmarkt kennengelernt hatten und der auch mit uns in Suhum feiern war, kam vorbei und so wurde uns nicht langweilig. Wir quatschten und philosophierten. Man musste sich nur ziemlich anschreien, da der Regen auf den Blechdächern wahnsinnig laut ist. Nach Ewigkeiten hörte es endlich auf zu regnen. Ursprünglich wollten wir ja unsere bestellten Taschen abholen, aber wir waren uns auch sicher, dass der Gute wahrscheinlich inzwischen schon Feierabend gemacht hatte, erst recht bei dem Regenwetter. Also wurde das noch einmal verschoben.
Auf meinem Weg den Berg hoch, treffe ich ja immer auf eine Menge Kinder. Letztens lernte ich ein paar neue kennen. Die älteren Jungen fragten mich erst nach einem Fußball, dann wurden sie übermütig und forderten erst ein Handy und dann einen Laptop. Dabei lachten sie aber und meinten es auch nicht (ganz) ernst. Ich traf aber auch auf ein ungefähr 2 Jahre altes Mädchen, das ganz sehnsüchtig meine Wassertüte anstarrte und mich mit großen Augen ansah, als ich ihr die Tüte gab. Oder meine kleine Freundin (->"sister Roxy") und ihr Bruder, denen ich neulich meine Papaya schenkte. Unglaublich wie sich die Kinder hier über so etwas freuen!
Zuhause gab es dann Kochbananen mit Stew. Übrigens habe ich mich inzwischen gut an Kochbananen gewöhnt und esse sie gerne, solange es nicht täglich ist. Ich esse übrigens immer mit den Händen, falls ich das noch nicht erwähnt hatte. Gibt es Fleisch, dann gebe ich die Knochen immer an unseren Hund, welcher vor Freude immer völlig durchdreht. Das macht dann auch mir eine Freude!

Wieder Freitag.. im Kindergarten war die Langeweile wieder groß. Freitags sind meist weniger Kinder da, weil.. weil Freitag!? Ich weiß es nicht. Die Lehrerinnen versuchten den Kindern ein Lied beizubringen, das war mal wieder eine Tortur. Es wurde tausendmal wiederholt, völlig lieblos und die Kinder hatten überhaupt keine Lust. Daraufhin schimpften die Lehrer, dass die Kinder gefälligst fröhlich singen sollen, aber das hat es natürlich nicht besser gemacht. Nun ja. Die Bindehautentzündung geht noch herum, heute war das Auge von Antoanette so dick wie meins am letzten Donnerstag. Da hatte ich direkt das Gefühl auch wieder ein entzündetes Auge zu bekommen. Hoffentlich kümmern sich da ihre Eltern drum.. Ansonsten wurde drinnen Memory und draußen mit dem Springseil gespielt. Gegen Ende sagten wir Madame Loretta, dass die nächste Woche unsere letzte hier sein wird. Wir wussten nicht, ob der Schulleiter es ihnen schon gesagt hatte, offenbar war dem aber nicht so. Sie schien ein wenig überrascht, fragte, warum wir hier nicht glücklich sind und sagte “we will miss you”. Aber das war wohl eher so eine Floskel. Lea und ich haben uns aber, der Kinder wegen, vorgenommen, der Schule ab und zu mal einen Besuch abzustatten. Nächsten Donnerstag wollen wir dann zum Abschied ein paar Kleinigkeiten für die Kinder mitbringen und Freitag ist dann der letzte Tag.
Nach Feierabend machten wir uns auf den Weg zum Rasta man. Aber – oh Wunder – von unseren Taschen war weit und breit keine Spur. Er hatte wohl Probleme das Material aufzutreiben oder irgendwie sowas und bat uns am Montag wiederzukommen. Ich war schon gar nicht mehr überrascht. Ihm schien es aber immerhin Leid zu tun und er wolle uns “für unsere Geduld belohnen”, da bin ich ja mal gespannt! Gerade als wir los wollten in die Stadt, wurden wir wieder einmal vom Regen überrascht. Dazu blitzte und donnerte es ordentlich, sodass wir widerwillig beschlossen nachhause zu gehen.
Heute war nicht mein Tag.. ich habe wieder einmal (zu) viel nachgedacht. Momentan zweifle ich heftig daran, es bis März zu schaffen. Dafür müsste sich einiges ändern, wie zum Beispiel genügend Arbeit im Waisenhaus für uns und mehr Kontakt zu anderen Freiwilligen. Leider, leider habe ich aktuell das Gefühl meine Zeit hier abzusitzen und dies war überhaupt nicht Sinn der Sache. Ich bin sehr froh, dass jetzt erstmal unsere Reise kommt und danach ein neues Kapitel beginnt. Und davon ist es dann abhängig wie es für mich weitergeht..

Jetzt wünsche ich euch erstmal ein schönes Wochenende, friert mir nicht ein! Morgen geht es dann nach Aburi für uns, in den botanischen Garten und auf den Holzmarkt.

Viele Umarmungen!!