Samstag, 12. November 2016

56 Tage Ghana

Meine lieben Leser,

Bevor ich von meiner 8. Woche hier in Ghana berichte, erst einmal ein paar Worte zum Wochenende. Samstag ging es wie geplant nach Aburi. Wir trafen uns um 10 Uhr, liefen in die Stadt und nach ein paar freundlichen Hilfen, saßen wir im Trotro nach Aburi. Den (ganz lieben) Fahrer baten wir, uns beim botanischen Garten abzusetzen. Laut unserer Gastmütter sollte die Fahrt 30 Minuten dauern, aber das war dann wohl eine ghanaische Zeitangabe, es dauerte nämlich eine gute Stunde. Am botanischen Garten angekommen, zahlten wir jeweils 5 Cedi Eintritt. Nachdem wir, ungelogen, 5 Schritte gegangen waren, fing es doch tatsächlich an zu regnen. Erst nieselte es nur, sodass wir uns davon nicht beirren ließen. Nach ein paar Minuten goss es aber wie aus Eimern und wir mussten uns unterstellen. Unser Stellplatz war aber nicht besonders schützend und bald darauf wurden wir von einem Ghanaer in einen Anhänger “eingeladen”. Zusammen mit ein paar Männern standen wir dort nun im Anhänger und warteten auf das Ende des Regens. Es stellte sich heraus, dass einer von ihnen seeeeehr gesprächig war. Es war nett, aber irgendwann auch sehr anstrengend. Auf einmal kam sogar jemand mit Mittagessen vorbei und so gab es Reis mit Fisch. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ der Regen allmählich nach und wir wagten uns hinaus. Wir verabschiedeten und bedankten uns. Wir beschlossen an einem anderen Tag wiederzukommen und machten uns auf den Weg zum Holzmarkt. Und der ließ mein Herz höher schlagen. Noch nie habe ich so viele schöne Gegenstände auf einmal gesehen! Wirklich unglaublich schöne Holzarbeiten, von Kleinkram über beeindruckende Masken bis hin zu Möbeln. So schade, dass ich das nicht alles mit nach Deutschland nehmen kann! Der Holzmarkt ist aufgebaut wie ein kleines Dorf und jeder kommt einem entgegen und lädt einen dazu ein dessen Holzarbeiten anzuschauen. Bei unserem zweiten Besuch werden wir auf jeden Fall so einiges kaufen!! Auch der Ort ‘Aburi' gefiel uns sehr, wir werden also sicherlich noch mehrmals hierher kommen. Als wir nach einem Trotro zurück nach Koforidua suchten, trafen wir auf unseren freundlichen Fahrer von der Hinfahrt – und das war ein Glück, denn es war sonst weit und breit kein anderes Trotro zu finden. Als einzige Passagiere vorne neben dem Fahrer (sehr aufregend, wir hatten noch nie ganz vorn im Trotro gesessen), brachte er uns ein ganzes Stück weiter zum nächsten Trotro und wollte für diese luxuriöse Fahrt nicht einmal Geld haben. Wirklich sehr nett. Gegen 18 Uhr kamen wir dann daheim an.
Lea und ich haben jetzt übrigens auch eines dieser dünnen Tücher, mit dem sich die Ghanaer hier immer den Schweiß vom Gesicht wischen – und es ist sehr praktisch!

Sonntag war ich das erste Mal in der Kirche hier. Zusammen mit meiner Gastschwester Stefanie und Lea ging es in die ‘International central gospel church – jesus temple’. Die Kirche ist riesig und es wurde ein ziemlicher Wirbel gemacht. Platzzuweiser in schicken Anzügen und es gab sogar Beamer, sodass die Texte der Lieder an die Wand projiziert werden konnten. Zuerst wurde in kleinen Gruppen ca. 30 Minuten aus der Bibel vorgelesen. Dann wurde gesungen und getanzt, wie man es aus Filmen kennt und das hat mir total gefallen. Anschließend wurde es aber sehr anstrengend. Es wurde alles sehr langwierig, sehr laut und einige Gebete sehr seltsam. Der Glaube hier ist wirklich wahnsinnig stark und die Menschen ziehen ihre Kraft aus ihm, etwas, was an sich ja sehr schön ist. Letztendlich waren wir also von 8 Uhr bis 11:30 Uhr in der Kirche und danach hatte ich ziemliche Kopfschmerzen. Regelmäßig muss ich das nicht haben, interessant fand ich es aber trotzdem. Ungefähr 10 Minuten läuft man bis man dann zum Anfang meines Berges kommt. Stefanie hatte noch etwas zu tun, Lea fuhr mit einem Taxi heim und ich machte mich auch auf den Weg nachhause. Ein Typ aus einem Auto hatte mich gegrüßt, was erstmal das normalste überhaupt hier ist, sodass ich es schon lange nicht mehr seltsam finde. Plötzlich lief er dann neben mir her und wollte meine Nummer haben. Wie immer erwiderte ich brav, dass ich meine Nummer nicht herausgebe. Er ließ aber einfach nicht locker. Nachdem ich es erst amüsant fand, dann sein Durchhaltevermögen bewunderte, wurde es irgendwann doch sehr anstrengend. Da ich nicht unbedingt wollte, dass er sieht wo ich wohne, bat ich ihn zu gehen. Er war wie eine Klette. Mittlerweile war mein Kopfweh wirklich stark und ich konnte nicht glauben, dass er das tausendste “no” nicht akzeptieren konnte. Ich wurde sogar lauter, doch das störte ihn nicht im geringsten. Also beschleunigte ich und ignorierte seine Rufe. Auf meinem Berg sprach ich kurz mit meiner kleinen Freundin, die sich wieder einmal ganz süß für die Papaya letztens bedankte. Ich dachte den Typen wäre ich los. Als ich dann endlich schnaufend am Haus angekommen war und gerade die Tür aufschloss, sah ich den Kerl doch allen Ernstes unseren sehr privaten Weg hochlaufen. Ich dachte, ich guck nicht richtig! Zum Glück machte er vor dem Tor halt und Damien, unser Hund, ist sehr aufmerksam und bellte ganz vorbildlich. Der Irre rief noch ein paar Mal und verschwand dann irgendwann. Die Männer hier haben es in sich! Der Rest des Sonntags verlief dann mit Wäsche waschen und herumhängen sehr ruhig.

Montag startete der Schultag wieder in aller Ruhe. Die Kinder freuten sich als wir kamen und wir durften während des Unterrichts wieder erstaunlich viel mit den Kleinen draußen spielen. Außerdem wurde das letzte Papier, welches ich aus Deutschland mitgebracht hatte, aufgebraucht. Die Kinder durften also noch einmal eine Menge malen.
Nachmittags gingen wir zum ‘Immigration service’, denn nun musste Lea ihr Visum verlängern. Leider trafen wir nicht auf die lustigen männlichen Beamten vom letzten Mal, aber glücklicherweise auch nicht auf die unfreundlichen Frauen vom allerersten Mal. Die Frau, die Leas Antrag bearbeitete, war wieder einmal nicht besonders freundlich und musste sowieso jeden Schritt bei ihren Kollegen erfragen. Ihr Kollege machte mir klar, dass er mich nicht nach Deutschland zurückgehen lasse und ich ihn heiraten werde. Ah ja, gut zu wissen! Den Reisepass dürften wir am Donnerstag wieder abholen. Außerdem war der Moment nun leider doch schon gekommen und ich musste mir ein neues Handy kaufen. In einem Geschäft besorgte ich mir also das günstigste Smartphone (200 Cedi = ca. 45 €). Bestimmt dreimal fragte ich nach, ob ich das Handy problemlos zurückbringen könnte, sollte es Schwierigkeiten geben. Dazu später mehr..

Dienstag knuddelten wir wieder ganz viel mit den Kindern, schließlich hatten wir nun nur noch wenige Tage mit ihnen.. Rosemary war wieder außer Rand und Band als sie uns sah und es wurde eine Menge Quatsch gemacht und gespielt. Mir wurde schon ganz anders, wenn ich daran dachte, dass wir nun sehr bald gehen würden und wir all unsere Kinder hier zurücklassen müssen und dass es dann niemanden mehr gibt, der ihnen ein bisschen Liebe schenkt..
Nach Feierabend ging es ins ‘Total 2’, einem Spot in der Stadt. Dort trafen wir uns mit vier anderen Freiwilligen. Es war toll sich wieder einmal mit anderen Gleichgesinnten auszutauschen. Allerdings haben Lea und ich das Gefühl, dass sich unsere Leben hier schon ziemlich voneinander unterscheiden. Gründe dafür sind unter anderem die verschiedenen Organisationen, aber auch unterschiedliche Intentionen, denke ich. Und auch wenn Lea und ich uns oft durchkämpfen müssen, während die anderen einen gewissen Luxus genießen, bin ich heilfroh mich für eine kleine Organisation entschieden zu haben. Kurz gesagt, ich denke, ich erlebe hier in vielerlei Hinsicht das “echte” ghanaische Leben, während manch andere nun mal in ihrem schützenden Kokon bleiben.. Nichtsdestotrotz macht es Spaß auch mal mit mehreren Personen quatschen zu können und wir werden uns auf jeden Fall wieder treffen.
Für die Kinder wurden noch Trinkpäckchen und Kekse gekauft.

Mittwoch früh gab dann mein neues Handy direkt wieder den Geist auf.. sehr enttäuschend. Grund: so wenig Speicherplatz, dass es funktionsunfähig wurde. Ich war natürlich leicht bedient. Lea und ich beschlossen das doofe Ding direkt wieder zurückbringen. Schließlich wollte ich unsere Reise nicht ohne Kontakt zur Außenwelt antreten. Wir fragten die Lehrerinnen, ob wir etwas erledigen könnten und versicherten später wiederzukommen um unsere Zeit mit den Kindern wahrzunehmen. Die Rückgabe des Handys war natürlich ein riesiges Drama. Der Manager wollte mir mein Geld nicht wiedergeben und behauptete, dass ich es nur gegen ein anderes tauschen könnte, denn “das macht man hier so”. Es wurde ewig diskutiert, ich erklärte ihm lang und breit, dass das Handy ja nicht kaputt sei, aber ich nun mal ein Handy bräuchte, dass einen normalen Speicher hat. Und vor allem, dass nie die Rede davon war, dass ich es nur gegen andere Ware tauschen könnte. Letztendlich ging es einfach nur darum, dass er mir mein Geld nicht zurückgeben wollte und schon gar nicht, dass ich woanders einkaufe. Ich habe aber so lange diskutiert, bis er nachgab. Danach waren alle Mitarbeiter beleidigt.. aber naja. Anschließend ging es in ein anderes Geschäft und ich kaufte ein Handy der gleichen Marke wie mein ghanaisches Tablet. So viel Stress am frühen Morgen. Es ging wieder in die Schule, Rosemary kam uns schon von weitem entgegengerannt und wir erfuhren, dass sie die ganze Zeit im Türrahmen stand und auf unsere Rückkehr gewartet hatte, so herzzerreißend! Allerdings ging dann der Unterricht weiter, obwohl wir pünktlich zur letzten Stunde kamen.. mal wieder völlig unverständlich. Allerdings verlief es eher locker, sodass wir auch ein kleines bisschen spielen konnten.
Ansonsten kaufte Lea auf ihrem Heimweg ein fruit bread für die Kinder und der Rest des Tages wurde nur noch für eine Ladung Wäsche gewaschen.

Donnerstag dann wurde ein bisschen Abschied gefeiert. Da freitags immer viele Kinder fehlen, nahmen wir also den vorletzten Tag. Wir waren schon sehr wehmütig den ganzen Tag.. In der letzten Stunde dann, bat ich Madame Loretta den Kindern zu erklären, dass morgen unser letzter Tag ist und wir leider gehen. Aber auch, dass wir sie auf jeden Fall mehrmals noch besuchen werden. Dann packten wir die Trinkpäckchen, das Brot und die Kekse aus. Ihr könnt euch nicht vorstellen was das für eine Stimmung auslöste! Die Kinder fingen an zu tanzen und zu hüpfen und es wurde viel gelacht. Es war eine einzige Party. Unglaublich, wie sie sich über solch Kleinigkeiten freuen. Es war toll, sie alle nochmal so glücklich zu sehen! Auch die Lehrerinnen waren begeistert. Im Anschluss wurde noch einmal viel gekuschelt. In der Pause übrigens habe ich Rosemarys Schweißtuch gewaschen. Das fand sie super und mit ihren 3 Jahren hat sie mir gezeigt wie es geht und ganz professionell geschrubbt. Schon verrückt, in Deutschland wissen viele mit 20 Jahren nicht wie man eine Waschmaschine bedient!
Nachmittags ging es zur Post und Lea nahm ihr Paket aus Deutschland entgegen. Natürlich hat sie sich wahnsinnig gefreut! Ärgerlich war nur, dass es schon seit Ewigkeiten bei der Post lag, die Information aber nicht weitergeleitet wurde.. Nun ja, nun konnte sie es knapp vor der Reise noch in Empfang nehmen. Außerdem holten wir noch Leas Reisepass ab und trafen diesmal auch wieder auf die netten Männer. Es wurden wieder ein paar Späße gemacht, bevor wir unseren Heimweg antraten.

Freitag.. mein zweiter Monat hier in Ghana und damit ein Drittel meiner Zeit ist um. Seit 8 Wochen bin ich nun hier, 56 Tage habe ich schon auf ghanaischem Boden verbracht, 112 Tage bleiben noch.. Rückblickend bin ich erstaunt, dass ich schon so lange hier bin und habe das Gefühl, dass die Zeit doch recht schnell verging. Doch die Zeit ist ein tückisches Ding.. im Nachhinein kommt sie einem immer schnell vor. Als es noch 4 Wochen im Kindergarten waren, kam es mir so unglaublich lang vor. Und nun war heute schon der letzte Tag. Diese Woche verging wirklich wahnsinnig schnell, was auch daran lag, dass Lea und ich gut beschäftigt waren. Und was soll ich sagen.. heute war der schönste Kindergartentag während der gesamten zwei Monate.. Mit gemischten Gefühlen traten wir unseren letzten Tag an. Kurz darauf rief uns der Schulleiter in sein Büro. Zusammen mit den Lehrerinnen des Kindergartens übergab er uns dann 2 Geschenke. Wir waren völlig perplex, aber natürlich positiv überrascht und freuten uns sehr über unsere neuen ghanaischen Hemden. Damit hatten wir definitiv nicht gerechnet! Mit Überraschungen ging es weiter.. Die älteren Schüler hatten heute keinen richtigen Unterricht, sondern kochten alle gemeinsam in ihren Klassen, sehr cool! Madame Loretta nahm uns mit und führte uns herum. Dabei nannte sie uns jedes einzelne Gericht und war begeistert, wenn wir es kannten oder schnalzte mit der Zunge und sagte: “ You have to try, it’s the best!”. Die Schüler waren ganz aufgeregt und einer der älteren Jungen nannte mich schon liebevoll “my wife”. Mit der Lehrerin sprachen wir so viel wie während der ganzen 2 Monaten nicht. Die Atmosphäre heute war völlig anders. Einerseits ist es so, so schade, dass wir dieses Erlebnis nicht schon vorher haben konnten und es so anders hätte laufen können. Andererseits deute ich es als Zeichen, dass haargenau unser letzter Tag so schön war. Vielleicht sollte es nun mal so sein. Daher versuche ich nicht zu bedauern was alles nicht geklappt hat, sondern bin sehr dankbar für diesen Tag und für die Kinder, die ich kennenlernen durfte und bin froh darüber, ihnen ein bisschen Zuneigung gegeben haben zu können. Ich werde jedes Kind mit seinem ganz eigenen Charakter vermissen und mich hoffentlich noch lange an viele Kleinigkeiten erinnern können. Aber noch sind wir nicht aus der Welt und wollen die Kinder schon im Dezember wieder besuchen, bevor die Ferien losgehen.

Sooo, morgen früh geht es auf unsere Reise! Den Start zu planen war schon ein Abenteuer an sich, aber wenn alles gut geht, dann sitzen wir morgen um 12 Uhr in Accra im Bus nach Tamale. Nur ganz kurz, Tamale liegt im Norden, wir wollen uns also ein paar Tage den Norden Ghanas anschauen und werden verschiedene Stationen bereisen. Irgendwann wird es nach Kumasi gehen, der zweitgrößten Stadt hier. Mittendrin gibt es natürlich viele Zwischenstopps. Zum Ende der Reise wollen wir an die Küste und ein bisschen Strandurlaub genießen. Mein Tablet wird hier bleiben und so schätze ich, dass ihr dann im Dezember einen ellenlangen Reisebericht bekommen werdet!

Ganz liebe Grüße und bis spätestens in 2 Wochen!
Ich denke wie immer viel an euch!
Eure Roxy

P.S.: Ja, es gibt viele neue Fotos, aber da ich heute absolut keine Zeit mehr hatte und ich in ein paar Stunden wieder aufstehen muss, hoffe ich, dass ihr Erbarmen habt und euch noch ein wenig gedulden könnt. Im Dezember dann werde ich euch überhäufen!:)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen