Samstag, 15. Oktober 2016

4 Wochen!!

Am Montag versuchte ich erneut mein Glück beim immigration service um mein Visum zu verlängern. Und was soll ich sagen.. in Ghana muss man einfach allzeit bereit sein für jegliche Überraschungen! Nachdem ich mich beim ersten Versuch so sehr über die unhöflichen Frauen aufgeregt hatte, trafen wir dieses Mal auf Männer. Sie hießen uns sofort willkommen. Außerdem fragten sie, ob wir vergeben seien, denn anderenfalls wollen Sie uns sofort heiraten! Es war aber alles sehr nett und sehr lustig, es gab eine Menge zu lachen. Das Prozedere war dann ganz unkompliziert. Und morgen kann ich meinen Reisepass dann schon wieder abholen. Bin froh, dass wir nun noch so eine gute Erfahrung machen konnten!
Auf dem Rückweg, traf ich wieder meine kleine Freundin aus meiner Nachbarschaft. Da ich nach dem Fußmarsch innerlich am Vertrocknen war (Lea und ich legen täglich unglaubliche Strecken zurück, sind ganz stolz auf uns), trank ich gerade eine Tüte Wasser. Wie jeden Tag kam die Kleine angerannt, aufgeregt ‘sister Roxy’ rufend. Nachdem ich mich erkundigt hatte wie es ihr ginge, fragte sie mich, wieder unglaublich höflich, ob sie einen Schluck von meinem Wasser habe könne. Natürlich gab ich ihr den ganzen Rest. Ich muss unbedingt mal ein Foto machen, sie ist so süß. Und ich werde mich auf jeden Fall mal nach einer kleinen Aufmerksamkeit für sie umsehen..
Übrigens scheinen 90% der Kinder im Kindergarten aktuell krank zu sein.. sind alle am Husten und Schniefen. Es wäre also nahezu ein Wunder, wenn Lea und ich uns nicht anstecken. Denn Hände wäscht hier keiner. Ich versuche die Kinder gerade daran zu gewöhnen sich beim Husten die Hand vor den Mund zu halten. Nun ja, solange es nur eine Erkältung ist..

Am Dienstag im Kindergarten hatte der Schulleiter es endlich geschafft Plakate zu besorgen und wir fingen an sie zu gestalten: Lea zeichnete ein Kind und beschriftete die Körperteile. Ich zeichnete verschiedene Früchte auf. Die Lehrerinnen waren begeistert. Später dann wurde wieder ‘Memory’ gespielt. Die Kinder werden immer besser! Dabei ging ich wieder die englischen Begriffe mit ihnen durch. Beim nächsten Mal wollen wir die Wörter aufschreiben und mit ihnen zusammen in aller Ruhe buchstabieren. Es ist nämlich so.. die (meisten) Kinder können das Alphabet, allerdings nur, wenn sie es akkurat von A bis Z aufsagen. Sie lernen also nur auswendig wie es klingt, erkennen aber einzelne Buchstaben nicht. Es liegt natürlich daran, wie die Lehrer es unterrichten. Und dies ist so ziemlich immer einfach nur unlogisch bzw. einfach verkehrt. Wenn wir zaghaft versuchen die Lehrer darauf aufmerksam zu machen, verstehen sie uns/es entweder nicht oder sagen nur unwirsch “they can’t do it, they can’t do it”. So wie wir die Kinder einschätzen, könnten sie sehr wohl so einiges, wenn man ihnen mal gut zusprechen und ihnen Dinge anständig erklären würde. Nun gut, wir zumindest geben unser bestes..
Nach Schulschluss waren Lea und ich in einem Spot in der Stadt, tranken eine Cola und warteten darauf, mein Visum abholen zu können. Wir trafen wieder auf die netten Officers. Mein Visum ist nun bis Mitte Januar gültig und kostete 150 cedis.  Nächsten Monat dann das gleiche Spiel für Lea!

Am Mittwoch arbeiteten wir weiter an unseren Plakaten. Das sorgt immer für großen Wirbel: in den Pausen kommen viele Kinder aus anderen Klassen vorbei, bestaunen die Zeichnungen und klatschen für uns, sehr süß! Wie vorgenommen, übte ich später mit den Kindern mithilfe von den Memory-Bildern die Buchstaben. Die englischen Begriffe hatten sie schon richtig gut drauf, und dass von den wenigen Malen üben. Ich schrieb also die Wörter auf ein Stück Papier und legte das Bild dazu. Beim Buchstabieren rannten sie immer wieder nach vorn an die Wand und suchten nach dem richtigen Buchstaben – unser aufgemaltes Alphabet auf Augenhöhe der Kinder zahlt sich also aus!  Auch hier lernten sie schnell und hatten dabei eine Menge Spaß. Das ist wirklich toll, zeigt aber wieder wie unfähig, desinteressiert und faul die Lehrer doch leider sind.. denn die Kinder können und wollen!
Während des Unterrichts kam der Stock wieder einmal viel zu oft zum Einsatz. Dabei wird es immer willkürlicher. Bei Lea und mir ist das Fass fast voll und wir fürchten, dass es bald aus uns herausbricht. Und ich fürchte, dass wir dann auch nicht mehr höflich sein können. Oft überlege ich mir wirklich, den Stock einfach zu verstecken oder noch besser zu verbrennen. Aber sie werden so schnell einen neuen haben, so schnell werd ich gar nicht gucken können. Es müsste halt im Kopf “klick” machen..
Später gingen wir noch mit den Kindern auf den Hof. Das ist super, weil sie so mal den Hof für sich haben, ohne die älteren Schüler. Eine der Jüngsten, Ohenewah, war auf dem Tisch eingeschlafen. Ich wollte der Lehrerin klarmachen, dass sie ruhig hier weiterschlafen könne, sie scheuchte das arme Kind aber brutal aus dem Klassenraum. Das fand ich schon wieder so unmöglich. Also nahm ich sie einfach auf den Arm, setzte mich mit ihr auf den Hof in den Schatten und ließ sie in meinen Armen weiterschlafen, während Lea mit den anderen spielte. Wir hatten übrigens am Dienstag versucht mit ihnen ‘Fangen’ zu spielen. Wir erklärten es mit wenigen Worten und machten es ihnen vor.  Sie nickten eifrig, verstanden aber kein Wort. Leider konnten wir auch nicht die Lehrerin zum Übersetzen bitten, denn sie musste natürlich telefonieren. Aber das werden wir schon noch hinbekommen.

Donnerstag.. im Kindergarten wurde wieder eine Menge gekuschelt. Während der Pause ist ein Kind auf meinem Schoß eingeschlafen, diesmal Antoanette, überraschenderweise durfte sie dann während des Unterrichts weiterschlafen. Ansonsten malten wir mit den Kindern, wir ließen sie aber auch frei spielen, was sie besonders genossen. Die Zeit mit den Kindern ist toll, aber wahnsinnig anstrengend. Nach wie vor, hören sie nun mal nicht auf uns, sind extrem aufgedreht und alle 2 Minuten muss man zwei Kinder auseinanderzerren, damit sie sich nicht die Köpfe einschlagen. Wenn die Lehrerin telefoniert, dann schreit sie alle paar Minuten “keep quiet” in den Raum um dann ins Telefon zu schreien. Vor die Tür zu gehen wäre viel zu einfach. Außerdem bringt sie seit ein paar Tagen immer ihre Tochter mit zur Arbeit. Sie ist 2 Jahre alt, niedlich – und rotzfrech. Sie ärgert die Kinder, wird aber von allen wie eine Prinzessin behandelt. Nun ja..
Nach Feierabend ging es wieder zum Perlenmarkt. Da wir diesmal früher da waren, waren noch ein paar Leute mehr da, die rush hour scheint aber tatsächlich gegen Vormittag zu sein. Hoffe, das können wir bald mal erleben! Für uns beide gab es ein neues Fußband vom gleichen Mann, der uns letzte Woche schon unsere Armbänder verkaufte. Dieses Mal bekamen wir schon den Freundschaftspreis! Kurz darauf quatschten wir mit einem anderen Verkäufer von letzter Woche, der ganz enttäuscht war, dass wir uns noch nicht bei ihm gemeldet hatten. Wie es scheint, werden wir ihn aber am Wochenende auf einem Festival sehen und wir glauben, dass er ein wirklich lieber Kerl ist. Es folgten noch eine Menge Gespräche. Es ist schier unmöglich nicht angesprochen zu werden und jeder möchte, dass man wenigstens mal einen Blick auf seinen Stand wirft. Es macht aber sehr viel Spaß und es entstehen immer wieder lustige Unterhaltungen. Ich entdeckte eine Tasche in die ich mich sofort verliebte und nachdem ich ein wenig gehandelt hatte, war sie mein! Außerdem hatten Lea und ich ja tolle Rucksäcke gesehen. Unser neuer Freund, Isaac, wird uns dann scheinbar bald ganz individuelle Rucksäcke schneidern. Wir werden uns nächste Woche mal nach Stoffen umsehen. Ansonsten haben wir noch wahnsinnig schöne afrikanische Masken und überhaupt viel schöne Deko entdeckt – ich muss mich wirklich zusammenreißen nicht jetzt schon alles zu kaufen!

Freitag, 14. Oktober: seit 4 Wochen bin ich nun in Ghana!! Einerseits ist es Wahnsinn, dass ich schon so lange hier sein soll, andererseits ist es doch erst so eine kurze Zeit.. Die Woche an sich vergeht nun relativ schnell. Allmählich finde ich so meinen Weg wie ich mit Dingen/Situationen umgehe. Vieles nehmen Lea und ich jetzt mit mehr Gelassenheit. Und wenn der zwanzigste Mann uns auffordert ihn mit nach Deutschland zu nehmen dann nicken wir einfach oder ich sag ihm ganz trocken, dass er es sich gerne in meinem Koffer gemütlich machen kann. Ich gewöhne mich daran, dass die Ampeln überhaupt keinen Sinn ergeben und sich keiner daran hält. Ich winke automatisch, wenn Kinder “Obruni” rufen und geb dem Taxifahrer nicht mehr Cedis als angebracht sind. An der Straßenecke kaufe ich Kochbananen-Chips.
Es gibt aber auch Momente, in denen einem schlagartig wieder bewusst wird wo man hier ist.. Die kleine Ohenewah suchte in der Pause ganz heimlich in den Rucksäcken der anderen Kinder nach etwas Wasser. Normalerweise kommt ihre große Schwester in den Pausen vorbei und gibt ihr etwas zu trinken. Heute war diese aber offensichtlich nicht da. Ich beobachtete es also zufällig und so gaben Lea und ich ihr selbstverständlich Wasser von uns, was die Kleine ganz schüchtern, aber gierig trank. Außerdem unterhielten wir uns mit einem jungen Lehrer. Wir sprachen darüber wie schwierig es für uns ist das System hier zu akzeptieren. Zum Thema Schlagen meinte er, dass die Schläge die Kinder schon nicht umbringen werden. Da hab ich ihm einen ziemlichen Vortrag gehalten. Aber es ist einfach sinnlos. Es wird nicht verstanden – wie auch, wenn man nichts anders kennt – man interessiert sich aber auch nicht dafür. Wir werden belächelt als hätten sie Mitleid mit uns, weil wir unsere Kinder lieben und respektieren. Später wurde Ohenewah wieder schläfrig auf meinem Arm. Die Lehrerin sah mich an, als wäre es etwas abnormales ein Kind in den Schlaf zu schaukeln, es zu halten, es zu beschützen. Oder etwas, was Lea vorhin erleben musste.. In ihrer Gastfamilie lebt noch ein Mädchen, sie wurde quasi aufgenommen, muss sich aber auch um den kompletten Haushalt kümmern. Der Gastvater hatte das Mädchen vorhin dann einfach aus ihrem Zimmer ausgesperrt, nur weil sie nicht dort war, sondern noch mit Lea zusammen spielte. Sie sollte dann im Flur auf dem Boden schlafen. Könnt ihr euch das vorstellen? Lea lässt sie nun in ihrem Bett schlafen. Es sind solche Dinge, die ich nicht verstehe und weder akzeptieren kann, noch will. Es macht mich wahnsinnig traurig, dass die Menschen hier so miteinander umgehen, ich fühle mich machtlos, würde aber gerne alle Kinder beschützen und ihnen zeigen, dass sie wichtig und wertvoll sind.

Umso mehr brauchen wir nun wieder ein gutes Erlebnis und freuen uns auf das Festival mit den anderen Obrunis! Es soll in Suhum stattfinden, ca. 30 Minuten von hier. Dort befindet sich übrigens auch das Waisenhaus, in welches wir wechseln werden. Lea wird dann bei mir übernachten damit niemand allein nachhause muss. Meine Gastmutter hat mir sogar die Nummer eines Taxifahrers gegeben, sehr lieb! Sonntag kommt dann wieder die Friseuse und macht uns beide die Haare, diesmal traut sich auch Lea.

Die Regenzeit nähert sich allmählich dem Ende und die Sonne wird noch erbarmungsloser.. unvorstellbar, dass es bei euch schon kalt sein soll!
Ich wollt mich übrigens mal bei euch allen bedanken, die so engen Kontakt zu mir halten! Es freut mich riesig und erleichtert vieles! Also danke dafür und fühlt euch ganz doll gedrückt!!


Neuzugang Rosemond
(sonst immer am Lachen!)

Gabriel, Emmanuel, Anita & Somuah
Ohenewah hält ein Schläfchen 
Perlenmarkt:
diese tollen Masken verkauft zwar jemand anderes,
Isaac wollte aber unbedingt mit aufs Foto! 


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