Freitag, 21. Oktober 2016

Zwischen Fußball und fruit bread

Neue Woche, neuer Bericht..

Zu eurer Info: ich schreibe jeden Tag und füge es am Ende als Wochenbericht für euch zusammen:)

am Montag startete eine neue Arbeitswoche. Die Stunden im Kindergarten waren wieder einmal ziemlich deprimierend. Während des Unterrichts saßen Lea und ich draußen vor dem Klassenraum und philosophierten mal wieder weshalb hier alles so läuft wie es nunmal läuft. In den Pausen wurde dann wieder Kraft getankt mit jeweils mindestens zwei Kindern auf dem Schoß. Das sind jedes Mal schöne Momente und wir wünschten sie könnten komplett für den ganzen blöden Rest entschädigen.. Später falteten wir wieder mit den Kindern. Der Hitze wegen hatte ich, ohne es wirklich zu merken, einen Fächer gefaltet. Prompt wollten fünfzehn Kinder auch einen haben, sodass wir schließlich am Ende alle mit unseren bunten Fächern durch die Gegend liefen. Die Kinder hatten wieder einmal viel Spaß.
Nachmittags liefen Lea und ich in die Stadt und gingen zum Supermarkt. Außerdem kauften wir Obst an unserem Lieblingsstand – ich meine heißgeliebte Papaya und Mandarinen. Dann ging es relativ früh nachhause, wir waren beide total kaputt und Lea hatte ja auch noch mit ihrer Erkältung zu kämpfen..

Der Dienstag startete für mich dann früher als gewöhnlich. Um kurz nach 7 Uhr verließ ich mit meinen Gasteltern zusammen das Haus. Meine Gastmutter wollte mir zeigen wo wir schöne Stoffe herbekommen und wo ihre Schneiderin arbeitet. Sich den Weg durch die labyrinth-artigen Gänge zu merken war wirklich nicht so einfach! Im Anschluss traf ich mich wie gewöhnlich mit Lea und es ging zur Schule. Gleicher Ablauf: langweilen, in der Pause mit den Kindern kuscheln. Von unseren Mandarinen hatten wir nicht allzu viel, da Ohenewah und Antoanette fleißig mitaßen. Ich hatte extra noch eine Tüte Wasser mitgenommen. Und tatsächlich, obwohl wir die Kinder nicht verstehen, schien Ohenewah mich danach zu fragen. Als ich die Tüte rausholte, wurde sie ganz aufgeregt und zog auch direkt alles weg, das arme Kind.. Lea und ich saßen wieder vor dem Klassenraum, da es dort angenehmer war. Aus irgendeinem Grund wurde dann unsere Zeit mit den Kindern gestrichen. Vielleicht dachte die Lehrerin, dass wir keine Lust hätten, da wir draußen saßen. Aber da hätte man ja mal auch einfach kommunizieren können!? Nachdem es vorher auch noch einen schlimmen Vorfall mit dem Stock gab, hatten wir schon wieder genug. Und so verabschiedeten wir uns einfach schon um 13 Uhr, was eh niemanden sonderlich interessierte. Am nächsten Tag werden wir aber wieder auf unsere Zeit mit den Kindern bestehen. Für die restlichen Wochen lassen wir uns dies nicht auch noch nehmen!
Es ging wieder in die Stadt. Glücklicherweise fand ich den Stoffladen wieder und wir besorgten uns drei verschiedene bunte Stoffe. Dann ging es zur Schneiderin und wir gaben jeweils zwei Hosen in Auftrag. Für Stoff und Verarbeitung zahlen wir dann umgerechnet gerade mal knapp 6 € pro Hose. Nächste Woche sollen sie fertig sein, wir sind gespannt!

Mitte der Woche.. wie immer saßen wir auf unseren Plastikstühlen im Klassenraum, als wir von draußen Streit hörten. Plötzlich stürzte eine der älteren Schülerinnen in unsere Klasse und versteckte sich schluchzend hinter eine unserer Lehrerinnen. Sie flüchtete vor ihrer Mutter, die ihr Sekunden zuvor mit der Faust mitten ins Gesicht geschlagen hatte..! Es wurde laut und die Lehrerinnen diskutierten mit der Mutter. Das arme Mädchen war völlig verängstigt und wie es schien wurde ihr dann noch eine Standpauke von der Lehrerin gehalten. Gerne hätte ich gewusst worum es ging um mich dann einmischen zu können. Es war wieder mal ein Schockmoment für Lea und mich.
Später zeigte ich den Kindern wie es aussieht, wenn man Muster in ein gefaltetes Blatt Papier schneidet und es dann öffnet. Sie sind so auf Leistungen getrimmt, dass sie mir nur die zufällig entstandenen Formen entgegenschrien (circle, triangle..). Darauf wollt ich überhaupt nicht hinaus, sondern ihnen nur etwas neues zeigen woran sie sich erfreuen können.. aber gut. Es entstand dann auch eher ein großer Schnipselhaufen, denn schneiden können sie noch nicht wirklich. Sie hatten aber trotzdem ihren Spaß und das ist ja die Hauptsache.
In der Pause dann hörte ich den kleinen Prosper auf einmal fürchterlich weinen und eine Traube an Kindern stand um ihn herum. Ich stürzte also hin und rechnete schon mit dem schlimmsten. Zum Glück war es “nur” eine kleine Schürfwunde unter dem Auge. Aber er weinte ganz doll und keiner der Erwachsenen interessierte sich auch nur minimal dafür. Also tröstete ich ihn erstmal eine ganze Weile und schließlich packten Lea und ich ein Pflaster drauf. Das fand er dann sehr aufregend und konnte auch schon wieder lächeln. Überhaupt haben die Kinder hier viele Wunden, die nur schlecht oder gar nicht verheilen, da sich eben auch niemand drum kümmert.. Ansonsten futterte Ohenewah noch den Großteil meiner Papaya auf und es wurden wieder viele Kinder geknuddelt.
Nachmittags ging es dann ins Internetcafé und es wurde geskyped. Dabei flossen bei Lea und mir ein paar Tränen, weil es eben alles nicht so einfach ist und wir natürlich unsere Liebsten vermissen.. Und wenn wir dann daran denken, dass wir noch bis März hierbleiben sollen, dann würden wir schon gern ins nächste Flugzeug steigen.. Nun werden wir aber erstmal noch die letzten Wochen im Kindergarten durchhalten. Übrigens weiß ich jetzt schon, dass ich die Kinder sehr vermissen werde und sie alle am liebsten mitnehmen würde! Dann wollen wir natürlich unsere zweiwöchige Reise genießen und ein bisschen Kraft tanken. Und schließlich mit neuem Mut mit der Arbeit im Waisenhaus starten. Die Einstellung der Mitarbeiter dort wird wahrscheinlich, leider, ähnlich sein. Wir hoffen aber sehr, dass wir dort mehr zu tun haben werden. Apropos: morgen, am Donnerstag, wollen wir mit Ken (Oberhaupt der Organisation) dem Waisenhaus einen Besuch abstatten. Wir haben großes Glück, dass Ken gerade zufällig in Ghana ist und sich dieser Sache angenommen hat. Richard hingegen war leider gar nicht zuverlässig. Wir sind auf jeden Fall gespannt und ich werde natürlich berichten!

Donnerstag: es gab ein großes Fußballspiel zwischen einigen Klassen, auch einige unserer Kleinen waren dabei. Die Lehrer liefen mit ihren Stöcken durch die Gegend und fühlten sich dabei wieder mal ganz großartig. Die Kinder hatten aber wahnsinnig viel Freude am Spiel und daran mal keinen Unterricht zu haben. Lea und ich standen am Rand und schauten zu. Nach 2 Minuten kam eine Lehrerin und scheuchte ein Kind los uns Stühle zu holen, obwohl wir sagten, dass es wirklich nicht nötig ist. Aber hier in Ghana ist es ein Unding Erwachsene stehen zulassen, es wird einem immer und überall sofort ein Platz angeboten. Wir hatten Kinder auf dem Schoß und es war eine ganz nette Atmosphäre. Nach kurzer Zeit war die kleine Mauld auf mir eingeschlafen – entweder bin ich eine unglaublich gemütliche Schlafgelegenheit oder einfach nur sehr einschläfernd, haha! Aber ich freu mich jedes Mal, wenn die Kinder sich erholen können und kurzzeitig jemanden haben, der sie nicht wegschickt. In der Pause packte ich eine Tüte Brot aus. Kurz dazu: am Tag zuvor waren Lea und ich hoffnungsvoll in eine ‘bread factory’ marschiert. Leider war es relativ ernüchternd, wir kauften aber ein ‘fruit bread’. Was da wirklich drin ist, konnten wir nicht herausfinden und auch die Verkäuferin war überfragt. Nun ja, es schmeckt aber ganz gut. Da es aber eine ganze Menge war, beschlossen wir es während der Pausen in der Schule zu essen. Diese Rechnung hatten wir aber ohne die Kinder gemacht! Am Ende wurde das komplette Brot leer und eine Menge Kinder liefen mit einer Scheibe durch die Gegend und freuten sich wie verrückt. Sie schmatzten und lachten dabei – ein toller Anblick! Später dann mussten wir feststellen, dass sämtliche Kanister mit Regenwasser leer waren. Und dass nachdem quasi den ganzen Tag Sport auf dem Programm stand. Meine Extra-Tüte Wasser wurde von den Kindern schon geleert und sogar meine eigene Flasche Wasser, von der ich abgegeben hatte, war bereits leer. Also gingen wir hinüber zu einem Laden und kauften ein paar Tüten Wasser. Als die Kinder das Wasser sahen, freuten sie sich als wäre Weihnachten vorverlegt worden. Es wurde ganz vorbildlich brüderlich geteilt, obwohl sie wirklich alle unglaublich durstig waren. Da bekommt man es wirklich am eigenen Leib zu spüren, wie es ist, wenn so etwas einfaches wie Wasser einfach nicht immer zur Verfügung steht. Und natürlich muss man sofort daran denken, wieviel Wasser wir in Deutschland verschwenden.. Man bekommt hier ein ganz anderes Verständnis dafür. Wenn man miterlebt wie es ist, wenn die Kinder einfach nichts trinken können, weil es nichts gibt oder Lea und ich am Ende des Schultages beten, dass es noch Wasser gibt, damit wir uns nach dem Toilettengang die Hände waschen können.
Dann wurde noch ein bisschen auf dem Hof gespielt bis Lea und ich uns auf den Weg machten. Die Kinder wachsen uns jeden Tag mehr ans Herz und es wird uns so schwer fallen sie bald hier zurückzulassen..
Dann trafen wir uns mit Ken und fuhren nach Suhum ins Waisenhaus. Ken ist super nett, konnte unsere Probleme nachvollziehen und wir hatten wirklich Glück, dass er uns geholfen hat. Außerdem war es angenehm, dass wir alles auf Deutsch klären konnten. Im ‘jehova rapha children’s home' trafen wir auf zwei andere Freiwillige, die uns auch direkt vom Feiern bekannt vorkamen. Mit Ken zusammen sprachen wir mit einer Mitarbeiterin. Diese schien zwar nicht überschwänglich begeistert, aber auch nicht komplett desinteressiert. Die flexiblen Arbeitszeiten, die Lea und ich uns wünschen, seien wohl kein Problem. Außerdem können uns wohl auch gern um die Babys kümmern (das Jüngste ist aktuell gerade mal 3 Wochen alt..!), dafür schlägt ja mein Herz! Toll ist es natürlich auch, dass wir dann zu dritt (die eine Freiwillige arbeitet eigentlich in der Schule des Waisenhauses) dort sind und so vielleicht mehr unternehmen oder sogar erreichen können. Wir haben also ein gutes Bauchgefühl! Wir haben wieder neuen Mut geschöpft und so fällt es uns auch leichter noch die knapp drei Wochen im Kindergarten auszuhalten.

Fußball!!
Die Lehrer..
fruit bread für alle!

Nun ist es schon wieder Freitag.. so richtigen Unterricht gab es heute nicht, hier ist eben kein Tag wie der andere! Die Kinder ließen wieder haufenweise malerische Kunstwerke entstehen und wir spielten ein wenig auf dem Hof. Ich genieße es immer richtig mit den Kindern und kann dabei gut Kraft tanken. Wobei man auch sagen muss, dass Kuscheln bei 30 Grad auch nicht sooo angenehm ist..! Gegen 13 Uhr wurde dann der Kindergartentag auch offiziell beendet.
Lea und ich gerieten wieder einmal in den Regen. Daraufhin gönnten wir uns ein Getränk im Spot und besprachen unseren Ausflug am Wochenende. Es ist soweit.. nach 5 Wochen geht es endlich ans Meer! Morgen früh wollen wir nach ‘Ada Foah' fahren und dort eine Nacht im Hotel verbringen. Betet, dass es am Wochenende ausnahmsweise mal nicht regnet (zumindest nicht dort)!!
Als ich später nachhause kam, traf ich zeitgleich mit meiner Gastmutter ein. Sie eröffnete mir, dass es keinen Strom gäbe, der sei nämlich “leer”. Hier in Ghana oder zumindest hier bei uns, lässt mein Gastvater jede Woche eine Chipkarte mit 40 Cedi aufladen. Ist das Guthaben aufgebraucht, gibt’s eben auch keinen Strom mehr. Interessantes System und wieder etwas dazugelernt! Während wir also auf Licht warteten, stand ich mit meiner Gastmutter auf der Terrasse, wir schauten uns den Sonnenuntergang an und sie erzählte mir eine Menge. Wie sie zu dem Haus gekommen war, von Nachbarn und ihren Reisen in Deutschland. Und nun an meine Lieben in Berlin, haltet euch fest: meine Gastmutter war doch tatsächlich im guten alten Spandau! Und liebt es dort! Ist es nicht Wahnsinn wie klein die Welt doch ist!? Wir hatten auf jeden Fall eine ganz tolle Unterhaltung.
Nun bin ich wieder mal sehr müde, musste schon zweimal auf Spinnenjagd gehen und freue mich auf morgen. Um 7:30 Uhr geht’s schon los. Ich werde euch dann sicherlich im Laufe der nächsten Woche davon berichten, mit hoffentlich ein paar tollen Fotos!

Ich vermisse euch!!
p.s.: Die Fotos dieser Woche gibt es dann in ein paar Tagen, im Moment reicht mein Internet dafür nicht mehr aus.. 

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